Der Schengenraum


Die Beseitigung von Grenzen zur Schaffung eines einheitlichen ‚Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts gehört zu den zentralen Zielen und Konzepten der Europäischen Union. Ein dafür symbolträchtiger Ort ist die Gemeinde Schengen im Dreiländereck von Luxemburg, Deutschland und Frankreich gebildeten Dreiländereck [2]. Hier unterzeichneten diese drei Staaten gemeinsam mit Belgien und den Niederlanden am 14. Juni 1985 die Gründungsdokumente des Schengener Abkommens.

Die derzeit 26 Mitglieder des Schengen-Raums [1] haben ihre Binnengrenzen zugunsten eines freien und uneingeschränkten Personenverkehrs abgeschafft und sich auf gemeinsame Regeln für die Kontrolle der Außengrenzen und die Bekämpfung der Kriminalität verständigt. Voraussetzung für die „größte visumfreie Zone der Welt“ waren ein gemeinsames Justizsystem und eine Stärkung der polizeilichen Zusammenarbeit.

Der Prozess der nötigen Vertrauensbildung verlief mühsam: vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis zum erfolgreichen Verhandlungsabschluss vergingen fast vierzig Jahre. Ausgeklammert blieb dabei der multilaterale Warenverkehr, für den andere Regelungen wie die Europäische Zollunion gelten.

Die Schengen-Außengrenze hat eine Länge von 50.000 km, von denen 80% auf dem Wasser und 20% auf dem Festland liegen. Sie wird von Hunderten von Flug- und Seehäfen und zahlreichen Grenzübergängen markiert.

Das Gebiet der Schengen-Zone umfasst eine Fläche von 4,3 Mio. km2 und wird von rund 420 Mio. Menschen bewohnt.

Österreich liegt im Zentrum des europäischen Kontinents und ist seit 28. April 1995 Schengenmitglied - ebenso wie die acht Nachbarstaaten, mit denen es seine Staatsgrenze von insgesamt 2.706 km Länge teilt.

Das Schengen-Prinzip sieht für den Fall ‚schwerwiegender Bedrohungen der öffentlichen Ordnung‘ auch die begrenzte Wiedereinführung von Kontrollen an den Binnengrenzen vor. Diese Möglichkeit wurde und wird von den Mitgliedsstaaten in der politischen Praxis der letzten Jahre mehrfach angewendet, z.B. angesichts der Migrationsströme von 2015 oder der COVID19-Pandemie von 2020 [3].

Umgangssprachlich heissen die Schengen-Binnengrenzen wegen des Wegfalls der Personenkontrollen auch 'Grüne Grenzen'. Davon zu unterscheiden ist das 'Europäische Grüne Band', ein 12.500 km langer, vom Eismeer bis zum Schwarzen Meer reichender Naturschutzstreifen, der im Rahmen eines multinationalen Transformationsprojekts seit dem Jahr 2002 an Stelle des ehemaligen 'Eisernen Vorhangs' wuchert.  

Dieser trennte in der Periode des Kalten Kriegs bis Ende 1989 die marktwirtschaftlich orientierten demokratischen Staaten im Westen von den planwirtschaftlich geleiteten, realsozialistischen Diktaturen im Osten Europas und ist der Inbegriff für eine martialisch und lebensbedrohlich ausgestaltete, politische Grenze. 

Als letztes von unzähligen Todesopfern des Eisernen Vorhangs wurde am 21.August 1989 der DDR-Flüchtling Kurt-Werner Schulz nahe dem burgenländischen Ort Lutzmannsburg erschossen. Das Ereignis war besonders tragisch, da zu dieser Zeit diese 'Todesgrenze' geopolitisch bereits aufgehoben war: am 27.06.1989 hatten die beiden Außenminister Alois Mock und Gyula Horn den Stacheldrahtzaun bei Klingenbach auch symbolisch durchtrennt [4].

Bei diesem inszenierten Fototermin entstand eines der einprägsamsten Bilder im kollektiven Gedächtnis unserer Generation.

 


(c) Manfred Pregartbauer, April 2020