Die Donau entlang


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Geokoordinaten  N 48.290 | O 16.346 - N 48.352 | O 16.261

Der Donauabschnitt zwischen dem 'Greifensteiner Sporn' und der 'Wiener Pforte' steht auf beiden Seiten seit Jahrhunderten im überwiegenden Eigentum des Stifts Klosterneuburg. Mit der Grundherrschaft waren hier auch Wassernutzungsrechte wie das Fischereirecht oder das Recht der 'Urfahr', also des Fährverkehrs, verbunden. 

Von Anfang an prägten Überschwemmungen und der sich ständig ändernde Flussverlauf die Landschaft. Ein Forschungsbericht der Wiener Universität für Bodenkultur stellt die Ereignisse ab dem Jahr 1000 chronologisch dar; demnach war ein Hochwasser im Jahr 1218 die vermutliche Ursache für die Teilung der Siedlungseinheit 'Neuburg' in ein 'Neuburg markthalben' und ein 'Neuburg klosterhalben'. 

Aus dem 15. Jahrhundert ist sogar das 'Versinken' eines ganzen Dorfes namens 'Howen' südöstlich von Korneuburg  überliefert. Auch hatte das Entstehen und Verschwinden von Land und Inseln ohne Rücksicht auf Besitzurkunden Potential für Konflikte; ein solcher mit dem Wiener Bürgerspital drehte sich um den Auwald als Holzquelle und eskalierte um 1580 in einem persönlichen, bewaffneten (!) Einsatz des Klosterneuburger Propstes Kaspar Christiani. Ein Projekt zur Erforschung des historischen Verlaufs der Wiener Donau brachte u.a. diese kuriose Anekdote zu Tage.


Am linken Donauufer wurde zwischen 1776 und 1785 als erste Schutzmaßnahme gegen Überschwemmungen nach den Plänen des 'Cameral-Ingenieurs' Johann Sigismund Hubert der später nach ihm benannte, fast sechs Meter hohe Hubertusdamm erbaut. Bereits dem nächstfolgenden Hochwasser des  Jahres 1787 hielt dieser allerdings nicht stand.  

Auch die Bevölkerung des gegenüber liegenden Klosterneuburg war - wie auf der Tafel 17 des Historienpfads 'Untere Stadt' zu lesen - immer wieder von derartigen Naturkatastrophen betroffen. Auf dem 'Hochwassermarterl', einem Flurdenkmal, das nach seiner Renovierung 2017 vom ursprünglichen Standort an der Wienerstraße an die Donaustraße bei der Pionierbrücke versetzt wurde, sind zwei diesbezügliche Ereignisse des 19.Jahrhunderts verewigt:


Hochwassermarterl  N 48.298 | O 16.340
Hochwassermarterl N 48.298 | O 16.340

Anlass für die Errichtung waren die Todesopfer in den Fluten nach einem Eisstoß im Jahr 1862; die Karte zeigt den Flussverlauf in jener Zeit.  Auf der Säule ist überdies ein Hinweis auf das Hochwasser von 1899, das erste nach der aufwändigen Donauregulierung der 1890er Jahre, angebracht.

Nach wie vor ist die Gefahr für gravierende Hochwässer nicht gebannt  - in der jüngeren Zeit vermerkt die Chronik dafür die Jahre  1942, 1954, 2002 und 2013. Die Aufgaben eines systematischen Hochwasserschutzes werden heute - wie im übrigen Österreich - von der Bundeswasserbauverwaltung (BWV) wahrgenommen. Zahlreiche Steine mit der Aufschrift 'BWV' an den Ufern weisen darauf hin, dass die Donau öffentliches Wassergut im Eigentum des Bundes ist - in diesem Fall durch die via donau  vertreten. Vor der großen Donauregulierung waren Grenzsteine für eine stabile Vermarkung in Stromnähe allerdings wenig geeignet; das bestätigt sich entlang der gesamten, nachfolgend beschriebenen Strecke.


Der Ausgangspunkt liegt südlich der Schüttau am Donaudamm-Begleitweg bei Stromkilometer 1939.3. Hier zeigt der Fischereiverein Klosterneuburg die Südgrenze seines vom Stift gepachteten Reviers ‚Untere Donau I/4 rechts‘ an [1]. Etwa auf dieser Höhe wendet sich die Gemeindegrenze von der Strommitte in stumpfem Winkel Richtung Donauinsel. Diese schräge Linie behält sie auf dem Inselstreifen bei, berührt auf der Kuppe einen kleinen Tümpel [2] und erreicht bei einer Reviergrenztafel des Sportfischervereins Korneuburg den Rechten Uferbegleitweg der Donauinsel [3]. Ab hier übernehmen also die Korneuburger die Fischereipacht des Stifts Klosterneuburg. Zur Bekräftigung findet sich die gleiche Hinweistafel auch noch einmal am gegenüberliegenden Ufer der Neuen Donau. Nahe der Segelschule Wien Nord [4] liegt dann, in der Natur kaum erkennbar, der mit N 48.282 | O 16.363 östlichste Punkts des Klosterneuburger Gemeindegebiets. Die Grenze mit der Wiener Katastralgemeinde Schwarze Lackenau und der Gemeinde Langenzersdorf bildet einen Spitz und läuft in Ufernähe weiter, passiert das östliche Ende des Einlaufbauwerks zur Wiener Donauinsel und folgt weiter dem Donauradweg Richtung Nordwesten.

Foto um 1870, (c) Sammlung Eipeldauer
Foto um 1870, (c) Sammlung Eipeldauer

Nichts deutet mehr darauf hin, dass von hier einmal eine Überfuhr zur Schüttau verkehrte. Die Gegenstelle lag bei der ehemaligen Dampfschiffsstation Klosterneuburg etwas oberhalb des späteren Rudervereins Normannen. Auf der Langenzersdorfer Seite hätte man vor 150 Jahren auch noch 20 bis 30 Schiffsmühlen vorgefunden - die Straße

vorgefunden - die Straße ‚An den Mühlen’, die nach Unterqueren der Autobahn erreicht wird, erinnert daran. In Sichtweite zur Haltestelle Bisamberg der Nordwestbahn verschafft der Grenzverlauf Klosterneuburg hier seinen kurzen Anteil an der 1981 eröffneten Donauufer-Autobahn A22 [5]. Bald meldet sich wieder eine Reviergrenze für die Korneuburger Fischer, statt mit der üblichen Tafel jedoch mit einem Informationskasten über das durch die Autobahntrassierung verloren gegangene Erholungsgebiet [6]. Unterhalb der Autobahn schneidet die Grenze den Donaugraben, der den Altarm namens ‚Hechtenfang’ (nomen est omen !) oder ‚Langenzersdorfer Ausstand’ [7] entwässert. Diesem folgend werden die Golf Range Tuttenhof und der als Landwirtschaftsbetrieb des Stifts Klosterneuburg bis ins Jahr 1530 zurückreichende Tuttenhof 'rechts liegen gelassen'. Bevor unsere Grenze wieder das Donauufer erreicht, sorgt sie noch dafür, dass sich das Bootshaus des Wiener Rudervereins Alemannia nicht auf Wiener, sondern auf Klosterneuburger Terrain befindet...

Nach kurzer Strecke auf dem Uferradweg verläßt sie auf der Höhe des Restaurants Tuttendörfl wieder das Festland. Dieser Ort, an dem schon im 12. Jahrhundert mehrere bewohnte Häuser standen, ist gemeinsamer Grenzpunkt der drei Gemeinden Klosterneuburg, Korneuburg und Langenzersdorf.

Der Kurs der Rollfähre kreuzt sodann in der Strommitte die Fortsetzung der Grenzlinie, die nach einiger Zeit das Wasser wieder im rechten Winkel verlässt und über den Donauradweg [8] die zu jeder Jahreszeit eindrucksvolle und idyllische Aulandschaft des Krumpenwassers [9] erreicht. Politisch grenzt Klosterneuburg hier, in der Stockerauer Au, der Margarethenau und  der Windau, zuerst noch an Korneuburg, dann an die Gemeinden Leobendorf und Spillern.

Auf dem weiteren Weg ist es kein Zufall, am Wasserarm einen Hobbyfischer als 'Grenzer' anzutreffen - auf Korneuburger Grund stehend, aber mit seiner Angelschnur in Klosterneuburger Wasser [10]. Bald folgt mitten im Auwald der mit den Koordinaten N 48.360 und O 16.273 nördlichste Punkt des Klosterneuburger Gemeindegebietes [11]. Nach der neuerlichen Überquerung des Krumpenwassers [12] ist auf der Gegenseite eine weitere Korneuburger Reviergrenztafel [13] anzutreffen. Die Fortsetzung der Gemeindegrenze durch den Auwald wird nun durch eine Reihe von Eisenstangen stabilisiert [14], bis der bisher einzige in ‚Transdanubien‘ aufgefundene Grenzstein [15] mit seiner Gravur ‚StK' die erprobte Konstellation aus Stift und Stadtgemeinde Klosterneuburg bestätigt. Gleich danach erreicht man das Donauufer beim Radweg unterhalb des Kraftwerks [16], und bei Stromkilometer 1947,7 zeigt die schon bekannte Tafel an, dass hier das Revier des Sportfischereivereins Korneuburg endet [17].

Auch am gegenüberliegenden Ufer [18] bleibt das Thema ‚Fischerei‘ präsent: am Treppelweg bei Stromkilometer 1947,8 markiert der 'Verband der Österreichischen-Arbeiter-Fischerei-Vereine‘ das Ende des Reviers I/3 Muckendorf - Teil Greifenstein [19]. Der Fischereiverein Klosterneuburg übernimmt an dieser Stelle die Pacht der stiftlichen Eigenreviere, zugleich gibt der Bürgermeister von St. Andrä-Wördern die politisch-administrative Zuständigkeit an jenen von Klosterneuburg ab.


Diese Grenze hat nach der Auflösung des Bezirks Wien-Umgebung im Jahr 2017 ja 'nur' mehr Gemeindeniveau und trennt auf Ebene der Katastralgemeinden Greifenstein von Höflein. Zwischen Rad- und Treppelweg wird sie durch einen Doppelstein, darunter den BWV-Stein Nr. 1152, und eine Stange angezeigt [20]. Es bedarf schon einiger Vorstellungskraft, diesen Ort als den Anfangspunkt der historischen Provinz- und Viertelgrenze zu begreifen !

Wie bei der ersten Querung hat auch jetzt die Grenzlinie den Fluss nur virtuell, auf dem Plan übersetzt. Zumindest für Radfahrer ermöglicht das flußaufwärts gelegene Donaukraftwerk Greifenstein eine Überfahrt, während die oben erwähnte, im Jahr 1935 eröffnete Donau-Rollfähre wegen des rechtsufrigen Widerstandes gegen ein Brückenbauwerk nach wie vor die einzige Direktverbindung zwischen Kloster- und Korneuburg darstellt.

Zumindest ein technischer Zusammenschluss - der zweite nach der 110 kV Strom-Doppelleitung - wurde ab Herbst 2020 vorgenommen, diesmal unter dem Flussbett: nahe der Rollfähre verläuft mittlerweile ein Mikrotunnel für neue Wasser-, Naturwärme-, Strom-, Internet- und Gasleitungen. Das Foto zeigt die Spuren, die die Vorarbeiten im Klosterneuburger Auwald Ende 2020 hinterließen, und belegt den Typus der "Rodungsgrenze",  die durch Pflöcke nahe einer Hinweistafel markiert wurden. 

Zum Nachlesen, wie sich der zurückgelegte Grenzabschnitt siedlungsgeschichtlich entwickelt hat, seien abschließend die Bild- und Kartenbände ‚Der Donauraum von Klosterneuburg und Korneuburg bis Wien’ bzw. ‚Der Donauraum im Bereich von Klosterneuburg, Korneuburg und Langenzersdorf’ von Erich Wonka, erhältlich u.a. im Stadtmuseum Klosterneuburgwärmstens empfohlen.

N 48.327 | O 16.329
N 48.327 | O 16.329

 

(c) Manfred Pregartbauer, Jänner 2021 / Juni 2023